- Keine Hunde streicheln.
- Nicht von der Gruppe weglaufen, da unser Guide sonst Mühe hat, mit dem Zusammenhalten.
- Den Papagei seiner Grosseltern nicht streicheln.
- Keine Fotos von und mit Kindern machen, ohne Erlaubnis der Eltern. (scheinbar besonders schwierig einzuhalten)
Geschichte
Bis zum 16. Oktober 2002 beherrschten nämlich die Guerillas der FARC (Fuerzas Armadas Revolucionarias de Colombia) den Stadtteil. Er hat eine wichtige Verbindungsstrasse von Medellin ins Umland und lag deswegen taktisch günstig für den Verkauf von Drogen. Um ihre Macht aufrecht zu erhalten, herrschten sie mit Gewalt und Angst. Jeder, der hier Lebenden hat mindestens eine Person in der Familie, die durch die Guerillas getötet wurde. Weder die Polizei noch die Sanitäter setzten Jahre lang auch nur einen Fuss in das Viertel, weshalb viele Verletzte, die zu Fuss erst aus dem Viertel getragen werden mussten, um dort dann vom Krankenwagen abgeholt zu werden, auch an ihren Verletzungen starben. Ganz zu schweigen von tausenden Morden, die nie aufgeklärt wurden. Jedenfalls erfolgte am 16. Oktober dann der zweite Armeeeinsatz, bei dem die Angehörigen der FARC getötet wurden. Mehr als 1000 Soldaten, zwei Panzer und ein Helikopter waren an der Aktion beteiligt. Leider starben auch einige Anwohner. Viele versteckten sich in ihren Häusern, schauten jedoch aus dem Fenster und wurden dort vom Kugelhagel getroffen und starben.Dennoch gab es ein Fest nach dieser Aktion und so wird jedes Jahr am 16. Oktober ein Befreiungsfest in der Comuna 13 gefeiert.
Während sich die Dinge begangen zu „normalisieren“ wurden an die Hausbesitzer Farben verschenkt, um die Fassaden bunt zu streichen. Später kamen die Graffitis und im Jahre 2011 wurden dann Rolltreppen im Viertel installiert. Insgesamt 6 Stück.
Dies war der finale Befreiungsschlag, denn die Comuna 13 liegt an einem sehr steilen Hang und die Rolltreppen ermöglichten den Bewohnern die Teilnahme am restlichen Leben der Stadt inkl. Anschluss an das Metrosystem. Und mit den Rolltreppen kamen die Touristen um sich die Graffitis aus der Nähe anzuschauen. Mit den Touristen kommt natürlich auch die Aufmerksamkeit und das Geld. Und das verhilft zu einem mehr oder weniger sicheren Leben während der Tageszeit. Im Dunkeln, so empfehlen einem die Bewohner der Comuna 13, sollte man dort aber immer noch nicht rum laufen.
Besichtigung
Nach dem wir ca. die Hälfte der Rolltreppen gefahren waren, hielten wir an einem kleinen Haus direkt neben der Rolltreppe an. Im Vorgarten, der klassischerweise ein kleiner Betonplatz mit Gitterstäben rund um und ein paar Pflanzen ist, dürfen wir uns alle setzen und da ist auch der besagte Papagei, den man nicht streicheln soll. Wir sind also bei den Grosseltern unseres Guides angekommen. Er erzählt viel über die Erlebnisse während der Guerillazeit. Damit wir und sie das alles hinter sich lassen können, und um Frieden zu demonstrieren, gibt es zum Abschluss der Vergangenheit eine grosse Gruppenumarmung. Irgendwie süss.Danach bekommen wir von der Oma Eis (schweizerdeutsch: Glace). Und zwar Mangostreifen eingefroren in einem Limetten-Wassergemisch und danach mit Salz garniert. Keiner weiss, was er da bekommt, dementsprechend sind lustig sehen die Gesichter nach der salzig-sauren Erfahrung des ersten Schlecks aus. Hahaha
Aber alle geben zu, dass, wenn man sich dran gewöhnt hat, der Geschmack doch recht lecker ist.
Weiter nach oben auf den Rolltreppen kommen wir zu einem wahnsinnig schönen Aussichtspunkt über die gesamte Stadt. Es gibt eine Aufführung einer Breakdancegruppe, da sich gerade mehrere Gruppen dort oben befinden und auch die Bewohner, die vorbeilaufen schauen zu und klatschen mit. Irgendwie merkt man, dass das alles noch ziemlich neu für alle ist, aber auch die Freude der Leute darüber, dass dies nun möglich ist.
Aus manchen Häusern schauen die Leute ein wenig argwöhnisch auf die Touristen und ich frage nach, ob wir sie stören. Ich bekomme von mehreren erklärt, dass sie es zwar ungewöhnlich finden, aber es sie nicht stört. Sie haben eher das Gefühl, dass Viertel sei immer noch nicht sicher und wundern sich, warum wir uns dort aufhalten.
Von dem Aussichtspunkt, geht es weiter zu einem noch höher gelegenen Aussichtspunkt und von dort aus bekommt man auch den Blick auf den zweiten Teil der Comuna 13 und einen Berg, der aussieht, als wäre dort ein Steinbruch. Unser Guide erklärt uns, dass ein altes Mitglied der Paramilitares (eine Gegengruppe der FARC) gestanden hat, dass sich dort ein Massengrab befindet. Der Berg wurde allerdings auch als Müllhalde benutzt. Momentan ist die zweite Runde Ausgrabungen am Laufen. Bisher wurden allerdings noch keine sterblichen Überreste von Menschen geborgen.
Wir laufen weiter auf einen breiten, neuen Weg, der eine riesige Wand zum Felsen hin hat und die natürlich von Graffitis überzogen ist. Schöne und bunte Bilder, es herrscht ein reger Betrieb auf dieser Strasse, die gegensätzlich zu den ganzen kleinen Gassen des Viertels wirkt. Die Strasse ist eine neue Verbindungsstrasse zwischen den beiden Teilen der Comuna 13. Früher war der Gang vom einen Teil in den anderen sehr gefährlich, da man durch die kleinen Gassen laufen musste und es dort immer noch unsichtbare Grenzen von Gangs gibt. Die neue Verbindungsstrasse wird von allen respektiert und laut unserem Guide ist auf dieser Strasse noch nie etwas passiert.
In den zweiten Teil laufen wir dann nicht mehr, es geht zurück für uns, die Tour endet wieder auf halber Höhe der Rolltreppen bei einem Kaffee, wieder mit einer Gruppenumarmung und einer Dankesrede des Guides, bei der man wirklich merkt, wie viel es ihm bedeutet, dass er anderen Menschen sein Viertel zeigen kann. Und ich denke mir, dass es bestimmt nicht mehr lange dauert, bis die ersten Hostels in dem Stadtteil Einzug erhalten. Vielleicht nicht morgen und auch nicht nächstes Jahr, aber in naher Zukunft sicherlich.
Den Rückweg zur Metro treten wir alleine an. Ich gehe noch in einem der tollen Obst- und Gemüsegeschäfte einkaufen und wir geniessen es, dass uns keiner anspricht und uns eine Menükarte von seinem Restaurant in die Hand drücken will, damit wir bei ihm essen kommen. Irgendwie interessiert sich gar keiner für uns und das ist echt mal toll.
Den Rückweg treten wir mir einem kleinen Umweg an. Von der Metrostation führt eine Gondelbahn (die hier zum öffentlichen Verkehr zählen) über einen Hügel in einen hinteren Bezirk (der gar nicht mehr Teil von Medellín ist) und man hat wieder eine herrliche Aussicht über die Stadt und auf die Viertel. Wir steigen jedoch nicht aus, sondern fahren wieder runter zur Metro, mit der wir wieder in „unser“ Viertel kommen. Die Fahrt dauert 15 Minuten und wir sind wieder in einer anderen Welt. Irgendwie schade, aber irgendwie auch beeindruckend.